Abfall, der sortiert wird

Gerhard Fritz analysiert pro Jahr 500 Abfallproben in ganz Österreich. Diese Analysen sind Grundlage für eine funktionierende Abfall- und Kreislaufwirtschaft – und damit auch für einen aktiven Umwelt- und Klimaschutz.

Gerhard Fritz vor der Grundlade seiner Arbeit - einem Berg an Abfall. Foto (c) VKS

Acht Uhr früh in Kleinschönau. Gerhard Fritz hat sich bei der Firma Brantner-Dürr, einem Entsorgungsbetrieb im Raum Zwettl, für eine Sortieranalyse angemeldet. Es ist der erste kalte Tag im Winter 2023. In der Halle hat es knapp über Null Grad Celsius, die Felder und Wälder des Waldviertels sind angezuckert.

Fritz ist Chef des Unternehmens FHAnalytik, welches Analysen, Qualitätskontrollen, Gutachten und Konzepte im Bereich der Abfallwirtschaft erstellt. Heute untersucht er den Inhalt der Gelben Säcke aus dem Bezirk Waidhofen an der Thaya. Dazu hat der Entsorgungsbetrieb die Gelben Säcke aus Waidhofen getrennt gelagert. Es türmt sich somit ein kleiner Berg an Gelben Säcken neben einem großen Berg an gelben Säcken auf. 

Als Probe werden 40 Kilogramm zur Analyse entnommen. Foto (c) VKS

Wespen, Kälte und strenge Gerüche

Fritz und sein Mitarbeiter Alex Dambowy holen aus dem kleinen Berg eine 40 Kilogramm schwere Stichprobe. Die zwei tragen robuste Arbeitsjacken- und -hosen, Gummihandschuhe und darüber nochmals wasserdichte Arbeitshandschuhe. Das Sortieren ist Handarbeit, bei der man sich dreckig macht, sich auch mit strengen Gerüchen (und Wespen im Sommer) arrangieren muss. 

Dann geht es direkt an die Arbeit. Dazu werden Behälter rund um die Stichprobe aufgestellt. Für jede der 35 getrennt zu sortierenden Fraktionen (so nennt man die unterschiedlichen Packstoffe wie PET, PE, PP, usw.) gibt es ein Behältnis. 

Mitarbeiter Alex Dambowy stellt um die Probe rund 35 Behältnisse auf - dann beginnt die Sortierung der Probe. Dambowy studiert Abfallwirtschaft und Ressourcenmanagement an der TU Wien - die parktische Arbeit der Sortierung und Analyse ist für ihn eine ideale Ergänzung zum Studium.  Foto (c) VKS

Das Sortieren ist die Basis für die Analyse und Sisyphusarbeit. Fritz und Dambowy
nehmen jede einzelne Verpackung in die Hand. Aus welchem Material der Packstoff besteht und in welches Behältnis sie die Verpackungen werfen, sagt die Erfahrung, die Bezeichnung auf der Verpackung oder eine physikalische Probe.

Jedes einzelne Teil der Stichprobe muss genau begutachtet werden, damit es richtig sortiert werden kann. Foto (c) VKS

Fehlwürfe bestimmen, Qualität checken

Warum wird sortiert und analysiert – bei Leicht- und Metallverpackungen, Restmüll und mehr? „Einerseits um festzustellen, wie gut die Qualität des Sammelmaterials ist, andererseits um den Anteil der Fehlwürfe zu bestimmen“, so Fritz. Die Analyse beginnt kleinteilig und endet als großes Bild – von einer 40 bis 100 Kilogramm schweren Stichprobe zu einem Satz mit tausenden von Daten. Nichts wird dem Zufall überlassen, alles basiert auf Technik und Wissenschaft. So werden etwa die Orte und die Verteilung der Analysen mit der TU Wien anhand von Statistik ermittelt und gewählt.

35 unterschiedliche Fraktionen werden bei der Analyse sortiert. Foto (c) VKS

Wichtige Rückschlüsse

Aus der großen Summe dieser Daten lassen sich viele wichtige Rückschlüsse ziehen. Etwa, wie hoch der zu erwartende Anteil eines Packstoffes für das Recycling sein wird. Oder in welcher Region welche Packstoffe besonders gut oder eben besonders schlecht gesammelt werden. Daraus wiederrum lässt sich folgern, wo man wie bei Aufklärung zum Abfall Sammeln und Trennen ansetzen kann.

Zu Mittag ist Fritz und sein Mitarbeiter mit der ersten Sortierung der Leichtverpackungen aus dem Bezirk Waidhofen an der Thaya fertig. Die sortierten Packstoffe werden auf das Gramm genau gewogen, erfasst und in Tabellen zu weiteren Verarbeitung analog oder gleich digital eingetragen. Am Nachmittag folgt eine weitere Sortierung. Wieder heißt es, aus einer 40 Kilogramm schweren Stichprobe die 35 unterschiedlichen Fraktionen zu sortieren.

Die Packstoffe werden gewogen, erfasst und in Tabellen zu weiteren Verarbeitung analog (wie hier) oder gleich digital eingetragen. Foto (c) VKS

Am späten Nachmittag sind Fritz und Dambowy mit der Sortierung, der Wiegung und der Datenerfassung der zweiten Probe fertig. Sie packen Waage und Behältnisse in den Anhänger des Firmenautos, streifen die Arbeitskleidung ab und machen sich Richtung Unternehmenssitz in Wien auf. Es war wieder einmal ein langer Tag, mit viel Abfall und strengen Gerüchen. Und wer es wissen will – die Analyse hat auf den ersten Blick gezeigt, dass die Waidhoferner:innen brave Sammler:innen sind.

Über die Rolle der VKS bei den Sortieranalysen:

Die VKS beauftragt und koordiniert jährlich rund 500 Sortieranalysen für die Sammel- und Verwertungssysteme für Verpackungen. (Diese sind: Altstoff Recycling Austria AG, Austria Glas Recycling GmbH, Bonus Holsystem für Verpackungen GmbH & Co. KG, European Recycling Platform Austria GmbH, Interzero Circular Solutions Europe GmbH und Reclay Systems GmbH).

Genaue Messwerte sind das Um und Auf jeder wissenschaftlichen Analyse. Foto (c) VKS